Ein Arbeitnehmer nahm im Juni 2015 ein neues Beschäftigungsverhältnis auf. Aufgrund der 6-monatigen Probezeit durfte er zunächst keinen Urlaub nehmen. Allerdings hatte der Arbeitnehmer gleichwohl für das Jahr 2015 einen vollen Urlaubsanspruch, da das Arbeitsverhältnis bereits 6 Monate bestand.
Frage:
Können diese Urlaubstage nach Ablauf der Probezeit auch im 2016 noch genommen werden?
Antwort:
Es gehört zu den weit verbreiteten Rechtsirrtümern, dass nicht verbrauchter Urlaub automatisch ins Folgejahr übertragen wird.
Das Bundesurlaubsgesetz sieht allerdings eine andere Regelung vor.
Der Grundsatz ist der, dass aus den Gründen des Erholungszwecks der Jahresurlaub, gegebenenfalls auch der anteilige Urlaub, im jeweiligen Kalenderjahr genommen werden muss. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das aus betrieblichen oder persönlichen Gründen in der Person des Arbeitnehmers nicht möglich war. Eine derartige Ausnahme kann zum Beispiel eine auftragsbedingte Urlaubssperre oder eine längere Erkrankung des Arbeitnehmers sein.
Wegen des Ausnahmecharakters ist der Arbeitnehmer für diese Umstände jedoch beweispflichtig. Bejahendenfalls kann in den vorgenannten Beispielsfällen der Resturlaub auch noch im Folgejahr genommen werden.
Schluss ist dann aber spätestens am 31. März. Das ist der letzte Zeitpunkt, bis zu dem der Resturlaub beantragt und genommen werden muss.
Aber es wäre zu einfach, wenn es nicht auch von diesem Grundsatz Ausnahmen gäbe. Beispielsweise kann ein einschlägiger Tarifvertrag andere Grenzen regeln. Selbstverständlich kann auch jeder Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer von dieser Regelung abweichen und auch zu einem späteren Zeitpunkt noch den Resturlaub gewähren. Wer sich nicht auf die Freiwilligkeit verlassen will, sollte aus Beweiszwecken eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen.
Hätte im Ausgangsfall das Arbeitsverhältnis erst 2 Monate bestanden, hätte der Arbeitnehmer anteiligen Urlaubsanspruch in Höhe von 2/12 des Jahresurlaubs erworben. Aufgrund der Wartefrist von 6 Monaten könnte der Arbeitnehmer daran gehindert gewesen sein, diese Urlaubstage bis zum 31. März zu nehmen. Bei dieser Fallkonstellation sind die Urlaubstage nicht verfallen. Das Gesetz sieht dann vor, dass der Urlaub aus dem Vorjahr auch nach dem Stichtag genommen werden kann, § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BUrlG. Der Arbeitnehmer braucht dann nur ein entsprechendes Verlangen an den Arbeitgeber zu richten.