Dazu folgender Sachverhalt:
Ein Arbeitgeber beschäftigte einen Arbeitnehmer mit einer 3-monatigen Probezeit, die am 30.11.2015 endete. In der Probezeit betrug die Kündigungsfrist 2 Wochen. Arbeitsvertraglich war nach Ablauf der Probezeit eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende vereinbart. Der Arbeitgeber hatte sich entschlossen, das Arbeitsverhältnis noch innerhalb der Probezeit zu kündigen. Dieser Gedanke kam dem Arbeitgeber am 30.11.2015 nach der Krankmeldung des Arbeitnehmers. Die Kündigung musste also noch am selben Tag, am 30.11.2015 zugehen, um das Arbeitsverhältnis am 15.12.2015 enden lassen zu können und nicht erst am 31.3.2016.
Da der Arbeitnehmer nicht im Betrieb anwesend war, blieb lediglich die Kündigung per Boten, weil auf dem Postweg der Zugang am 30.11.2015 nicht mehr gewährleistet werden konnte.
Daher schickte der Arbeitgeber am 30.11.2015 nach Feierabend 2 Mitarbeiter mit dem Kündigungsschreiben zum Wohnort des zu kündigenden Arbeitnehmers, es war 18:00 Uhr und der Arbeitnehmer öffnete nicht. Daraufhin wurde das Kündigungsschreiben in den Briefkasten eingeworfen und der Vorgang zusätzlich per Foto dokumentiert.
Der Arbeitgeber will das Arbeitsverhältnis bis zum 15.12.2015 abrechnen in der Erwartung, dass damit für ihn die Angelegenheit erledigt ist.
Der Arbeitnehmer findet am nächsten Tage im Briefkasten zusammen mit der übrigen Post die Kündigungserklärung vor und sucht seinen Rechtsanwalt auf. Der Rechtsanwalt erläutert dem Arbeitnehmer, dass trotz des nachgewiesenen Einwurfs am 30.11.2015 die Kündigung erst nach Ablauf der Probezeit am 1.12.2015 als wirksam zugegangen gilt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis frühestens zum 31.3.2016 beendet werden könnte und nicht wie im Kündigungsschreiben angegeben zum 15.12.2015.
Wer hat Recht?
Dazu muss man wissen, dass eine Kündigung als empfangsbedürftige Willenserklärung erst mit Zugang wirksam wird. Vorliegend ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, wann eine schriftliche Kündigungserklärung unter Abwesenden zugeht.
Eine schriftliche Kündigung ist nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen.
Wenn danach für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob und wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ob er daran durch Krankheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war.
Hierfür ist im Interesse der Rechtssicherheit auf die üblichen Zustelltzeiten der Briefpost abzustellen, nicht auf persönliche Besonderheiten des Empfängers. Es kommt also darauf an, wann in dem Zustellbezirk des Arbeitnehmers allgemein oder ortsüblich mit Briefzustellungen durch Einwurf in den Briefkasten zu rechnen ist.
In dem angenommenen Fall erfolgt die Briefzustellung üblicherweise spätestens zum 14:00 Uhr. Der Einwurf in den Briefkasten am 30.11.2015 um 18:00 Uhr führte also zu einem wirksamen Zugang am 1.12.2015, mithin nach Ablauf der Probezeit. Das Arbeitsverhältnis besteht also bis zum 31.3.2016 fort.
Mitunter kann also der Zugang einer Kündigung noch so schön dokumentiert sein und führt gleichwohl nicht zum Erfolg.
Rechtsanwalt Volker Weinreich
Fachanwalt für Arbeitsrecht