Ein Handwerker wird von einer Wohnungsbaugesellschaft mit der Sanierung von Balkonen in einer größeren Wohnanlage beauftragt. Der Auftrag beinhaltet eine Betonsanierung, Malerarbeiten sowie eine Fugensanierung (Abdichtung) und Bodenbeschichtung. Die Leistungen sind in einem Leistungsverzeichnis beschrieben. Das Leistungsverzeichnis stammt – wie üblich – vom Architekten der Wohnungsbaugesellschaft. Die im Leistungsverzeichnis beschriebenen Bauleistungen bleiben qualitativ in verschiedener Hinsicht hinter den anerkannten Regeln der Technik zurück. Der Handwerker bietet mit und bekommt den Zuschlag (insbesondere eine Position hat die Aussicht auf einen einträglichen Gewinn). Der Auftragnehmer führt die beauftragten Leistungen so aus wie im Leistungsverzeichnis beschrieben.
Man ahnt, was passiert, sonst wäre es kein Fall. Die Sanierung führt nicht dauerhaft zum Erfolg. Die Wohnungsbaugesellschaft verklagt den Handwerker wegen der mangelhaften Sanierung auf 170.000,00 € Schadensersatz.
Der Handwerker wendet ein, er habe die ihm aufgetragenen Arbeiten so ausgeführt wie in dem von der Bauherrin (Wohnungsbaugesellschaft) vorgegebenen Leistungsverzeichnis.
Das hat aber keinen Erfolg!.
Beim Werkvertrag schuldet der Auftragnehmer ein funktionstüchtiges Werk. Das gilt auch dann, wenn im Vertrag eine bestimmte Ausführungsart vereinbart ist, mit der dieses Ziel nicht erreicht werden kann. Nach aktueller und sich fortsetzender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Auftragnehmer auch in diesen Fällen verpflichtet, den vom Bauherrn erkennbar erstrebten Erfolg herbeizuführen und muss mehr leisten, als ausdrücklich vereinbart ist. Der Auftragnehmer ist also gehalten, Bedenken anzumelden und gegebenenfalls ein Nachtragsangebot zu unterbreiten.
Von dieser Erfolgshaftung ist der Handwerker nur befreit, wenn er die Mängel des Leistungsverzeichnis nicht erkennen konnte oder er dem Bauherrn seine fachlichen Bedenken rechtzeitig mitgeteilt hat.
Aus Kostengründen kann eine eingeschränkte Beschaffenheit nach unten vereinbart werden. Voraussetzung dafür ist aber auch, dass zuvor der Bauherr über die Risiken aufgeklärt worden ist und in Kauf genommen hat. Die Beweislast für eine derartige Vereinbarung hat der Handwerker.
Es ist also mitnichten so, wie viele Bauunternehmer meinen, dass der geschuldete Werkerfolg allein dem Leistungsverzeichnis des Bauherrn zu entnehmen ist. Vielmehr ist maßgeblich, welche Funktion das Werk nach dem für den Bauherrn erkennbaren Willen erfüllen soll.
Der Fall zeigt, dass ein kurzfristig erzielter Gewinn langfristig für den Unternehmer im Fiasko enden kann.