Etwa 9 Millionen Menschen sollen in Deutschland ihre sozialen Netzwerke auch während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken nutzen. Dabei ist Facebook mittlerweile zum Synonym für die Vielzahl sozialer Netzwerke geworden. Offenbar verleiten soziale Netzwerke dazu, Meinungen über den Arbeitgeber, die Kunden und Kollegen vorschnell und mit drastischen Worten zu verbreiten. Davor kann nur gewarnt werden.
Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und seiner Vertreter oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt erheblich ehrverletzend für den bzw. die Betroffenen sind, eine ordentliche Kündigung oder auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Zwar hat der Arbeitnehmer das Grundrecht auf Meinungsfreiheit auf seiner Seite. Dieses Grundrecht gilt aber nicht schrankenlos, sondern wird durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt.Die Rechtsprechung berücksichtigt im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung auch die Umstände, unter denen die diffamierende Äußerung gefallen ist und dabei insbesondere, ob die Äußerungen im privaten Bereich (vertraulich) oder öffentlich getätigt wurden.
Fiel die diffamierende Äußerung z.B. in einem vertraulichen Gespräch unter Arbeitskollegen, wäre eine deshalb ausgesprochene Kündigung im Regelfall unwirksam. Das gilt nicht, wenn der betreffende Arbeitnehmer selbst die Vertraulichkeit aufhebt. In diesem Zusammenhang ist umstritten ist, ob und inwieweit Äußerungen in sozialen Netzwerken als vertraulich einzustufen sind. Dies wird insbesondere davon abhängen, welcher zur Verfügung stehende Kommunikationsweg des sozialen Netzwerks verwendet wurde; beispielhaft ist insoweit auf „offene“ und „geschlossene“ Facebook-Gruppen, Chat, Chronik, etc. zu verweisen.
Ein Großteil der bislang ergangenen Rechtsprechung zu Kündigungen wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook geht allerdings davon aus, dass Äußerungen in sozialen Netzwerken grundsätzlich keinen vertraulichen Charakter haben und deshalb nicht dem besonderen Schutz einer Kommunikation mit „vertraulichem Charakter“ unterliegen. Dagegen ist eigentlich ist in jedem Einzelfall zu untersuchen, ob die gewählte Art der Kommunikation im sozialen Netzwerk die Annahme einer vertraulichen Kommunikation rechtfertigt oder ausschließt. Zurückhaltung ist also angezeigt.
In diesen Kontext passt auch eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.4.2014, Az. 17 Sa 2200/13.
Dort wurde zwar die Kündigung einer Krankenpflegerin wegen Veröffentlichung von Patientenbildern auf Facebook für unwirksam erklärt, aber gleichzeitig festgestellt, dass die unerlaubte Veröffentlichung von Patientenbildern in einem sozialen Netzwerk grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.
Vorliegend ging die im Rahmen der Interessenabwägung vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Gunsten der Krankenpflegerin aus. Sie betreute auf der Kinderintensivstation ein Kind, dessen Bild sie auf Facebook veröffentlichte und mit Kommentaren versah. Die Krankenpflegerin habe eine emotionale Bindung zu dem Kind aufgebaut gehabt, der sie Ausdruck verliehen habe. Das Kind sei aufgrund der Bilder letztlich nicht zu identifizieren gewesen. Es sei durch die Bilder nicht bloßgestellt worden. Vielmehr sei die Veröffentlichung geeignet gewesen, den Betrachter für das Kind einzunehmen. Bei wem die Krankenpflegerin beschäftigt gewesen sei, habe den Bildern nicht entnommen werden können. Auch habe es auf ihnen keinen Hinweis darauf gegeben, dass der Arbeitgeber derartige Veröffentlichungen billigen würde. Zudem habe die Arbeitnehmerin die Bilder unmittelbar nach den ersten Vorhaltungen durch den Arbeitgeber von ihrem Facebook-Auftritt entfernt. Insoweit sei die Ahndung mit einer Abmahnung das geeignete Mittel gewesen.
Rechtsanwalt Volker Weinreich
Fachanwalt für Arbeitsrecht