Die Abnahme kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent, d. h. durch schlüssiges Verhalten, erklärt werden. Das gilt auch bei Vereinbarung einer förmlichen Abnahme, wenn die Parteien konkludent von der vereinbarten förmlichen Abnahme abgerückt sind. Das ist z. B. der Fall, wenn der Auftraggeber die Rechnung des Auftragnehmers prüft und bezahlt, ein Schreiben des Auftragnehmers, in dem dieser auf eine aus seiner Sicht erklärte Abnahme hinweist, nicht beantwortet, er keine Mängelrügen erhebt oder eine Gewährleistungsbürgschaft annimmt, die erst nach der Abnahme zu stellen ist.
Es handelt sich dabei um eine Konstellation, die häufig in der anwaltlichen Praxis auftritt. Oft wird auch bei kleineren Bauaufträgen die förmliche Abnahme vereinbart, aber nach Fertigstellung von den Parteien nicht durchgeführt. Der mandatierte Anwalt wird dann zunächst zu prüfen haben, ob zum einen der stillschweigende Verzicht auf die förmliche Abnahme vorliegt und zum anderen die stillschweigende Abnahme an sich erfolgt ist.
Für beides muss das Verhalten des Auftraggebers Anhaltspunkte geben; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013 – 23 U 15/13.
Warum ist das so wichtig?
Solange das Werk nicht abgenommen ist und auch sonst keine Umstände vorliegen, nach denen das vertragliche Erfüllungsverhältnis, insbesondere durch die endgültige Verweigerung der Abnahme, als beendet angesehen werden kann, beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche nicht zu laufen. Der Unternehmer läuft also Gefahr, auf „unabsehbare“ Zeit Mängelansprüchen des Bauherrn ausgesetzt zu sein.
Abnahme trotz Mängeln
Nach der Abnahme können nicht vorbehaltene Ansprüche auf Nacherfüllung, Kostenerstattung und Vorschuss bzw. Minderung oder Rücktritt wegen bei der Abnahme erkannter Mängel nicht mehr geltend gemacht werden, § 640 Abs. 2 BGB; §§ 12 Abs. 4 Nr. 1 und 12 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B. Ein Ausschluss vorgenannter Mängelrechte kommt nur in Betracht, wenn der Auftraggeber in positiver Kenntnis des Mangels die Abnahme vornimmt. Bloßes Kennenmüssen des Mangels ist für den Verlust der Gewährleistungsrechte nicht ausreichend; BGH, Beschluss vom 9.1.2014 – VII ZR 75/12. Die Beweislast liegt bei dem Auftragnehmer.
Der beauftragte Anwalt wird den Auftragnehmer daher darauf hinzuweisen haben, dass der Nachweis nur bei ganz offensichtlichen Mängeln geführt werden kann.
Rechtsanwalt Volker Weinreich
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht