Am 11.03.15 entschied der BGH (Urteil vom 11.03.2015, IV ZR 400/14) über folgenden Fall:
Die Ehefrau war seit 1997 an Alzheimer erkrankt. Sie begab sich 2002 in ein Alten- und Pflegeheim und wurde seit 2003 künstlich ernährt. Eine Kommunikation mit ihr war unmöglich. Ihr Ehegatte war zu ihrem Betreuer bestellt und befand sich in einer depressiven Phase. So hatte er bereits einen Selbstmordversuch unternommen, als er 2012 den Verbindungsschlauch zur Magensonde seiner Ehefrau ohne Erfolg durchtrennte. Die Ehefrau verstarb einen Monat später an einer Lungenentzündung.
Diese Ursache stand jedoch in keinem Zusammenhang mit der Tat des Ehegatten. Der Ehegatte wurde wegen versuchten Totschlags in einem minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr auf Bewährung verurteilt.
Der Sohn der Eheleute erhob Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit seines Vaters.
Und tatsächlich befand der BGH den Ehemann als erbunwürdig. Aus folgenden Gründen:
Erbunwürdig ist, wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich tötet oder zu töten versucht, wobei die Tötung auf Verlangen hierbei nicht erfasst wird. Auch wenn das Opfer dem Täter verzeiht, ist eine Erbunwürdigkeit ausgeschlossen. Vorliegend konnte der BGH einen ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen der Ehefrau, ihr Leben zu beenden nicht feststellen, ebenso wenig wie ein etwaiges Verzeihen der Tat.
Die Ehefrau konnte seit Jahren nicht mehr kommunizieren. Sie hatte sich nie mündlich oder schriftlich (z.B. durch eine Patientenverfügung) hierzu mitgeteilt. Der Ehegatte hätte durch ein Verfahren beim Betreuungsgericht die Zulässigkeit des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahmen herbeiführen können. Dies tat er jedoch nicht. So lag weder eine betreuungsgerichtliche Genehmigung vor noch ein einvernehmliches Handeln in Absprache mit den Ärzten. Daher wurde der Klage des Sohnes entsprochen und die Erbunwürdigkeit des Ehegatten festgestellt. Der BGH erkannte zwar, dass sich der Ehemann in einer persönlich äußerst schwierigen Situation befand. Dies gab ihm jedoch nicht das Recht, einseitig die Behandlung der Ehefrau abzubrechen, um ihren Tod herbeizuführen und sie zu „erlösen“.
Empfehlung:
Vor diesem Hintergrund wird jedem empfohlen, rechtzeitig eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht zu errichten. Nur so kann verhindert werden, dass nahe Angehörige sich in die Gefahr einer Strafverfolgung und Verurteilung begeben und dann schlimmstenfalls auch noch ihr Erbe verlieren.