Bereits mit Beschluss vom April 2018 hatte der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes entschieden, dass ein von einer Geschwindigkeitsmessung Betroffener Anspruch darauf hat, dass ihm die Verwaltungsbehörde die Rohmessdaten (Falldatensatz), den Sicherheitstoken und das Passwort, das den Zugang zu den Rohmessdaten ermöglicht, übermittelt (VGH des Saarlandes, Beschluss vom 27.04.2018 – LV 1/18).
Diese Entscheidung war erforderlich geworden, weil die Instanzgerichte einschließlich des zuständigen OLG anderer Auffassung waren. Diese Entscheidung war nicht so überraschend, da auch zuvor von anderen Gerichten die letztendlich vom Verfassungsgerichtshof des Saarlandes vertretene Rechtsauffassung geteilt wurde. Darüber hinaus hatte es tatsächlich Verwaltungsbehörden gegeben, die zwar die Rohmessdaten übermittelt haben, nicht aber das Passwort, das notwendig war, um Zugang zu diesen Rohmessdaten zu erhalten (soll noch mal einer behaupten, die Juristerei habe nicht auch Ihre Momente, in denen man sich vor Lachen nicht halten kann).
Die Begründung des Gerichtes ist einfach nachvollziehbar. Die Rechtsprechung sieht Geschwindigkeitsmessgeräte, die eine Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt haben, als sogenannte standardisierte Messverfahren an. Eine sachverständige Überprüfung der Messung findet nicht statt, es sei denn, der betroffene Bürger erhebt substantiierte, d.h. stichhaltige, Einwendungen gegen die Messung. Richtigerweise meint der Verwaltungsgerichtshof des Saarlandes, das könne der Bürger nur, wenn er Zugang zu den Messdaten erhält. Dies sei eine Frage eines fairen Verfahrens.
Voller Erwartung sehen nunmehr Rechtsanwälte, Behörden und Gerichte einer der nächsten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes entgegen. In dieser geht es darum, ob eine Messung verwendet werden kann, wenn ein Geschwindigkeitsgerät gar keine Messdaten speichert. Betroffen ist im konkreten Fall ein Gerät der Firma JENOPTIK. Das Problem war, dass der Messgerätehersteller Jenoptik im Rahmen eines Softwareupdates die Software des Messgerätes geändert hat und zwar dahingehend, dass fast sämtliche Rohmessdaten der Messung gelöscht werden. Mit den verbliebenen Daten lässt sich aber ein Messfehler kaum nachweisen.
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes verhandelte am 09.05.2019. Gehört wurden Sachverständige, unter anderem von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Die Entscheidung soll Ende Juni 2019 ergehen.
Sollte sich die diesseitige Einschätzung bestätigen, dass das Gericht im Saarland zu Gunsten des Betroffenen entscheiden wird, wird man auch in allen anderen Bußgeldverfahren den Anspruch stellen müssen, dass die Rohmessdaten einer Messung zu speichern sind. Das ist allerdings nicht nur bei dem konkret verwendeten Messgerät nicht der Fall gewesen, sondern bei den meisten „standardisierten Messverfahren” – also fast allen Messsystemen – nicht üblich.