Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Behandlung nießbrauchsbelasteten Vermögens im Zugewinnausgleich bestätigt; und zwar mit Beschluss vom 6.5.2015, AZ. XII ZB 306/14.
Zunächst eine kleine Erläuterung zu den Begriffen Zugewinnausgleich und Nießbrauch:
Eheleute oder auch eingetragene Lebenspartner, die keinen Ehevertrag geschlossen haben, leben automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft etwa durch Scheidung kann ein Anspruch auf Zahlung von Zugewinnausgleich vorliegen. Auszugleichen ist der Vermögenszuwachs, wobei das Anfangsvermögen (Vermögen bei Eheschließung) und das Endvermögen (Vermögen am Tag der Zustellung des Ehescheidungsantrags) gegenübergestellt werden. So genannter privilegierter Vermögenserwerb soll ausgeklammert werden. Dies sind Erwerbstatbestände, die typischerweise ihre Grundlage in den persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zum Zuwendenden haben, z.B. die Übertragung eines Hausgrundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, § 1374 Abs. 2 BGB. Hier kann sich der Vermögenszuwachs lediglich auf die Wertvermehrung der Immobilie selbst, etwa durch Steigen von Grundstückspreisen, Sanierungsarbeiten, etc., beziehen.
Bei einem Nießbrauch an einem Grundstück darf der Nießbraucher das Grundstück nutzen, auch alle Nutzungen hieraus ziehen, etwa dieses vermieten bzw. verpachten.
Bei dem vom BGH zu entscheidenden Fall ist einem der Ehegatten im Hinblick auf sein künftiges Erbrecht ein Hausgrundstück übertragen worden, welches mit einem lebenslangen Nießbrauch zugunsten der Übergeber, der Eltern des Ehegatten, belastet war. Ein solcher Nießbrauch ist zu bewerten, also der Kapitalwert zu ermitteln. Je höher der Nutzungswert der Immobilie ist und je jünger der Berechtigte, umso höher der Kapitalwert des Nießbrauchs. Mit Zeitablauf wird der Wert des Nießbrauchs aufgrund des fortschreitenden Alters des Berechtigten geringer.
Der BGH hat erneut ausgesprochen, dass der hieraus resultierende fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Nießbrauchs für den dazwischen liegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht dem Zugewinnausgleich unterliegt. Die Berechnung der Bewertung des gleitenden Erwerbsvorgangs ist hiernach nicht erforderlich. Denn das gleiche korrekte Ergebnis wird dadurch erzielt, dass bei der Berechnung des Zugewinns des Empfängers der Immobilie auf ein Einstellen des Wertes des Nießbrauchs in das Anfangs- und Endvermögen jeweils verzichtet wird.
Der BGH führt weiter aus, dass bei Steigen des Werts des Nießbrauchs, weil beispielsweise das betroffene Grundstück einen Wertzuwachs erfahren hat, etwa aufgrund gestiegener Grundstückspreise, der Wert des Nießbrauchs dann im Anfangs- und Endvermögen einzustellen ist, ohne dass weitere Korrekturen des Anfangsvermögens erforderlich sind.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH die ständige Rechtsprechung des Senats bestätigt. Die Wertsteigerung, die gemäß § 1374 Absatz 2 BGB privilegiertes Vermögen während des Güterstandes durch das kontinuierliche Absinken des Wertes eines vom Zuwendenden vorbehaltenen lebenslangen Nießbrauchs erfährt, stellt einen nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegierten Vermögenserwerb (sog. gleitender Erwerb) dar, der grundsätzlich nicht dem Zugewinnausgleich unterliegt (vergleiche Urteil des BGH vom 22.11.2006 – XII ZR 8/05).