Die lange Geschichte des Dieselskandals in Deutschland ist seit kurzem um ein Kapitel reicher geworden.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der VW AG, Martin Winterkorn, Anklage wegen schwerem Betrug und wegen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb erhoben.
Die Dimensionen des Falles werden schnell deutlich: Die Anklageschrift, umfasst ganze 692 Seiten, die Ermittlungsakte umfasst sage und schreibe 75.000 Seiten. Das sind 150 Aktenordner. Den Biss und die Akribie der Staatsanwaltschaft muss man hier vorbehaltlos anerkennen.
Winterkorn und die vier Mitangeklagten hätten, so die Staatsanwaltschaft, die Existenz dieser illegalen Abschalteinrichtung bewusst verschwiegen, „um den steigenden Anforderungen an geringen Schadstoffausstoß bei Dieselfahrzeugen scheinbar zu entsprechen“, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft. Ziel sei es gewesen, VW bestehende Marktanteile zu sichern – und das Vermögen des Konzerns und der Angeklagten selbst zu vergrößern.
Für alle Kunden des VW-Konzerns, die bereits Klage gegen VW erhoben haben oder sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, sind das gute Nachrichten.
Die VW AG versuchte bislang, in typisch deutscher Tradition, rund um den Dieselskandal die Legende eines Einzeltäters zu fingieren. Der Dieselskandal sei durch wenige Ingenieure ohne Wissen der Konzernverantwortlichen verursacht worden, die Verantwortlichen von diesem böse überrascht worden. Wie vor 75 Jahren ist natürlich auch diese Legende dazu verdammt, über kurz oder lang in sich zusammen zu fallen.
Neben den persönlichen Auswirkungen für Herrn Winterkorn, für den, wir wollen es nicht verschweigen, natürlich weiterhin die Unschuldsvermutung gilt, sendet diese Anklage aber positive Impulse für die anhängigen Klageverfahren der Autokäufer in ganz Deutschland.
Diejenigen Gerichte, die bis dato beharrlich eine Haftung der VW AG wegen sittenwidriger Schädigung der Kunden ablehnten, stützten sich nicht zuletzt darauf, dass den Käufern der Nachweis einer sittenwidrige Schädigung durch die VW AG nicht gelungen sei, weil nicht im ausreichenden Maße nachgewiesen worden sei, dass eines der Vorstandsmitglieder Kenntnis von der Abgasmanipulation gehabt hatte.
Gerichten dürfte es nach dieser Anklage schwerer fallen, diese Linie zu vertreten.
Wer bis dato keine Ansprüche gegen VW geltend gemacht hat, kann dies häufig auch heute noch tun und die Chancen sind durch die Anklage von Herrn Winterkorn zumindest nicht geringer geworden. Hierzu ist es u.a. erforderlich, dass der individuelle Rückruf des eigenen Fahrzeugs – wie bei den meisten Kunden – erst im Jahr 2016 oder später erfolgt ist. Sollte dies auf Sie zutreffen, wenden Sie sich an einen Anwalt Ihres Vertrauens.